Am 23. April 2021 ist Rosemarie Keltz, Ehrenmitglied unseres Vorstands, gestorben. Sie wurde 98 Jahre alt. Sie gehörte einem kleinen Kreis engagierter Frauen an, ohne die es den Verein AsA heute nicht gäbe. Denn sie trat im Jahr 2000 dem Arbeitskreis „Ausbildung statt Abschiebung“ bei, der damals aus nur drei weiteren Frauen bestand. Er war aus einer Zukunftswerkstatt im Rahmen der Aktion „Bonner Frauen für soziale Gerechtigkeit und Frieden“ entstanden. Im Jahr 2001 war dann die Geburtsstunde von AsA als eingetragenem Verein.
Rosemarie Keltz hat in und nach dem Zweiten Weltkrieg selbst erfahren, wie es ist, ein Flüchtling zu sein – weitgehend rechtlos und manchmal ohne Hoffnung. Sie setzte sich aus tiefster Überzeugung und großer menschlicher Wärme für junge Geflüchtete ein. Auf die Frage, warum sie sich bei AsA engagiert, schrieb sie:
„Insbesondere helfe ich Jugendlichen, die geschützt, unterstützt und gefördert werden müssen, um ein befriedigendes, zukunftsfähiges Leben führen zu können.“
Schon bevor Rosemarie Keltz AsA mitbegründete, stand ihre Tür für Geflüchtete und zugewanderte Menschen aus allen Erdteilen offen. In ihrer Zeit in Mülheim war sie Mitglied des Mülheimer Flüchtlingsrats. In ihren Memoiren „Lebensspuren 1922-2002“, in denen Sie mit unzähligen Fotos und Dokumenten auf rund 700 Seiten ihre Lebensgeschichte erzählt und die sie im Freundeskreis verteilte, schreibt Sie:
„Seit 1989 mehrten sich rassistische Ausschreitungen gegen Ausländer, was alle Organisationen und weltoffenen Deutschen, die sich für Flüchtlinge und Ausländer einsetzen, zu Protesten veranlasste. […] Die unsägliche „Asyldebatte“ im Bundestag heizte die Stimmung bei Rechtsradikalen an, die ganz offen mit Nazi-Symbolen Sympathien bei den Leuten erweckten, die immer noch unter Angst vor „Überfremdung“ litten und nicht wahrhaben wollten, dass Deutschland schon längst ein Einwanderungsland war […] Die Gegenmaßnahmen vom Flüchtlingsrat, Kirchenkreisen, Pro Asyl usw. begannen im September 1991 massiv und dauerten bis zum Januar 1993, als der sogenannte „Asylkompromiss“ im Bundestag Gesetzeskraft erlangte. Wir waren alle äußerst enttäuscht. Doch die Arbeit zum Schutz und zur Unterstützung von Flüchtlingen ging vor Ort weiter, ohne dass die politische und gesellschaftliche Wachsamkeit nachließ.“
Für ihr langjähriges Engagement für Zuwanderer und Flüchtlinge wurde ihr am 30. November 2011 das Bundesverdienstkreuz am Bande durch den damaligen Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch überreicht.
Ihre Erfahrungen und ihr politisches Wissen brachte Rosemarie Keltz auch bei AsA ein. Sie kandidierte bereits 2001 als Beisitzerin für den Vorstand und trug maßgeblich dazu bei, aus einer losen Initiative einen gut organisierten Verein aufzubauen. Das Engagement von Rosemarie Keltz bei AsA war unermüdlich. Noch mit über 90 Jahren kam sie zu den Vorstandssitzungen und nahm dafür oft die Anreise per Bus durch die halbe Stadt auf sich. Über die neuesten politischen Geschehnisse und aktuellen Bestimmungen des Asylrechts war sie immer auf dem Laufenden. Sie kümmerte sich persönlich um einige Geflüchtete.
Wann immer eine Veranstaltung anstand, an der AsA sich mit einem Infostand beteiligte, klingelte in der Woche vorher das Telefon. Es meldete sich Frau Keltz und fragte, ob die angerufene Person Zeit hätte, für einige Stunden den Stand zu besetzen oder Handzettel zu verteilen. Immer war sie freundlich und hatte auch meist Zeit für ein Gespräch. Bis 2020 (mit 98 Jahren!) gab sie einem jungen Flüchtling Nachhilfe in ihrer Wohnung und schuf für ihn ein Wörterbuch mit medizinischen Vokabeln, da er in Deutschland in seinen Beruf zurückkehren wollte.
Wir sind traurig und sehr dankbar dafür, dass Rosemarie Keltz unseren Verein so lange begleitet hat. Ohne Sie hätten wir es nicht so weit gebracht, denn heute sind wir ein gemeinnütziger Verein, der viele junge Geflüchtete unterstützen kann und dem in der Region große Anerkennung zuteil wird.
Danke, Rosemarie.