Auch wenn im Jahr 2017 die Zahlen der nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge weit hinter den Zahlen der beiden Vorjahre zurückgeblieben sind, können wir uns keineswegs zurücklehnen.
Immer noch müssen unbegleitete geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene viele Monate und oft mehr als zwei Jahre warten, bis ihr aufenthaltsrechtlicher Status geklärt ist. Ihnen werden in dieser Zeit wichtige staatliche Leistungen verwehrt – wie etwa das Recht, an Deutschkursen teilzunehmen.
Und die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD mit ihrer Absprache zur zukünftigen Handhabung des Familiennachzuges macht deutlich, dass das Kindeswohl minderjähriger Flüchtlinge weiterhin der der generellen Abwehr des Weiteren Zuzuges von Flüchtlingen nachgeordnet wird. Auch andere beabsichtigte Regelungen liegen auf dieser Linie einer Verschärfung des restriktiven flüchtlingspolitischen Kurses. (Kommentar zu den Regelungen im Koalitionsvertrag in diesem Newsletter).
Der Rückgang der Flüchtlingszahlen im vergangenen Jahr ist nicht etwa der Abnahme der Fluchtgründe geschuldet, sondern allein der massiven Abschottung der Europäischen Gemeinschaft. Der Bürgerkrieg in Syrien geht weiter, die Intervention der Türkei in den Kurdengebieten Syriens schafft neue Fluchtgründe. Aus Libyen werden schlimme Menschenrechtsverletzungen aus den Gefangenenlagern der Flüchtlinge bis hin zum Sklavenhandel berichtet. Die Lage in Afghanistan ist – allen gegenteiligen Beschwörungen vieler Politiker zum Trotz – weiter extrem unsicher. Besonders die Einheimischen, die für ausländische Hilfsorganisationen oder für die Interventionstruppen gearbeitet haben, sind in Lebensgefahr. Würde Deutschland pro Kopf der Bevölkerung so viele Flüchtlinge aufnehmen wie der Libanon, wären dies etwa 18 Millionen!
All dies macht deutlich, dass die Arbeit unseres Vereins noch lange nicht erledigt ist. „Ausbildung statt Abschiebung“ ist unvermindert eine dringliche Aufgabe hier bei uns.
Unser Verein hat im vergangenen Jahr einen beachtlichen Beitrag zu dieser Aufgabe geleistet. Das ist besonders dem Team unserer Geschäftsstelle zu verdanken, dass mit Leidenschaft, Kompetenz, Prinzipienfestigkeit und Pragmatismus und durchgängig an den Grenzen seiner Möglichkeiten gearbeitet hat. Einen großen und qualitativ wichtigen Beitrag haben aber auch unsere vielen Ehrenamtlichen durch ihren Einsatz als Lehrer, Ausbildungspaten und in einer Reihe weiterer Funktionen geleistet. Und dass unsere materiellen Bedingungen nicht noch enger gezogen waren, haben wir unseren Mitgliedern mit ihren Beiträgen, unseren Spendern und Förderern zu verdanken. Allen herzlichen Dank dafür. Wir hoffen auch im Jahr 2018 auf Ihre anhaltende Unterstützung.