Sie war über 20 Jahre eng mit AsA verbunden und immer sehr engagiert.
Barbara Kahlen ist am 21. Oktober 2024 gestorben.
Wir behalten sie in liebevoller Erinnerung. Sie wird immer ein Teil der AsA-Geschichte sein. Hierzu möchten wir gerne ein paar Worte teilen.
Ein junges Mädchen – 15 Jahre alt – flüchtet nach Deutschland, ohne ein Wort unserer Sprache zu kennen und allein – eine „unbegleitete minderjährige Geflüchtete“. Das Mädchen lernt mit aller Kraft so viel Deutsch, dass es in die Schule gehen kann. Es lernt dort weiter, macht gute Fortschritte, befreundet sich mit den Mitschülerinnen und Mitschülern, ist beliebt.
Eines Tages erscheint die Polizei in der Schule und holt das Mädchen mitten aus dem Unterricht ab. Es hat nicht nur keinen gesicherten Aufenthaltstitel, sondern auch die befristete Duldung ist abgelaufen. Es soll in sein Herkunftsland abgeschoben werden, aus dem es mit guten Gründen geflohen ist.
Die Mitschüler sind geschockt, ebenso wie ihre Lehrerin. Sie setzen sich – unterstützt von einem Zusammenschluss von Frauen, vehement dafür ein, dass das Mädchen bleiben kann, seinen Schulabschluss machen kann und eine Berufsausbildung beginnen kann.
Mit vielen Mühen und großer Hartnäckigkeit schaffen sie es. Die Duldung wird verlängert, das Mädchen beendet die Schule und beginnt eine Ausbildung als Friseurin.
Das ist ungefähr 20 Jahre her. Heute ist der damalige Teenager eine Friseurmeisterin mit eigenem Salon und einigen Angestellten. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie bezahlt Steuern und Sozialabgaben, hat Arbeitsplätze geschaffen und sorgt mit ihren Kindern für eine Abmilderung unserer demografischen Probleme, indem diese Kinder demnächst die aktive Generation unserer Gesellschaft sind, die in unserem Land so dringend gebrauchten Arbeitskräfte stellen und unsere zukünftigen Renten erwirtschaften.
Diese Geschichte hat sich ziemlich genau so vor 23 Jahren ereignet. Die Lehrerin des damaligen Teenagers war Barbara Kahlen, sie und ihre Mitstreiterinnen standen am Anfang dessen, was dann kurze Zeit später zu einem Verein mit dem noch heute bestehenden Namen „Ausbildung statt Abschiebung“ – AsA – wurde.
AsA betreut heute über dreihundert Jugendliche mit ungesichertem Aufenthaltsstatus. Die Arbeit wird von einem angestellten Team aus 14 Frauen und Männern in der Geschäftsstelle sowie etwa 150 ehrenamtlichen Mitstreitenden und einem achtköpfigen, ebenfalls ehrenamtlichen Vorstand geleistet. Getragen wird der Verein von inzwischen fast 180 Mitgliedern. Er finanziert sich aus den Beiträgen seiner Mitglieder und vieler zusätzlicher Spender*innen und den Zuwendungen einer stattlichen Reihe von nichtstaatlichen und auch staatlichen Institutionen.
Der Verein berät jugendliche und junge erwachsene Geflüchtete zu ihren aufenthaltsrechtlichen Anliegen und den damit verbundenen Zumutungen im Bereich Beratung, er unterstützt sie bei ihren Bewerbungen auf Lehrstellen, Praktikumsstellen und führt mit ihnen Bewerbungstrainings und Berufsorientierungscamps durch. Im Bereich Deutsch plus! werden die Geflüchteten auf unterschiedlichen Niveaus von ausgebildeten Sprachlehrkräften unterrichtet. Das interkulturelle Lernen hilft ihnen, sich in unserer Gesellschaft zurecht zu finden, mit Behörden klarzukommen und auch die Traumata ihrer Fluchtgeschichten zu bewältigen. Und das Ehrenamtszentrum kümmert sich um die Belange unserer ehrenamtlichen Mitstreiterinnen und Mitstreiter, bietet ihnen Beratung und Supervision an und bemüht sich, weitere Ehrenamtliche zu gewinnen.
Barbara stand mit am Anfang dieser Geschichte und hat sich damit unauslöschlich in diese Geschichte – unsere Geschichte – eingeschrieben. Sie hat uns bis an ihr Lebensende unterstützt, lange Zeit als ehrenamtliche Mitstreiterin und zeitweilig auch in der verantwortlichen Position eines Mitglied des Vorstandes. AsA wurde ihr zu einer Herzensangelegenheit. Wir vermissen sie und sind traurig, dass sie nicht mehr da ist. AsA wird ihr ein ehrendes Andenken bewahren.
Geschrieben und erinnert von Eberhard Neugebohrn, ehem. Vorstandsvorsitzender