Wir freuen uns, dass der General-Anzeiger Bonn heute über das Thema berichtet hat: http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/bonn/Keine-Schule-fuer-Fluechtlingskinder-article1574478.html
Hier unsere Pressemitteilung vom 09.02.2015:
Vierzig minderjährige Flüchtlinge in Bonn sind seit Monaten ohne Schulplatz
Stadt Bonn verweigert Finanzierung von Sprachförderungsmaßnahmen
Nach mehreren Gesprächen zwischen dem Schulamt und dem Verein Ausbildung statt Abschiebung e.V. (AsA) über eine ersatzweise adäquate Sprachförderung für junge Flüchtlinge in Bonn, die der Schulpflicht unterliegen, aber vom Schulamt keinen regulären Schulplatz zugewiesen bekommen haben, ist diese wichtige Unterstützungsmaßnahme gescheitert.
Am 21.01.2015 erklärten wir uns gegenüber dem Schulamt bereit, von Februar bis Juni 2015 vormittags Schulungen in unseren Räumen durchzuführen. Zielgruppe sind junge Flüchtlinge der Sekundarstufe II. Unsere Zusage machten wir unter der Voraussetzung, dass das Schulamt die Finanzierung der Maßnahme sicherstellt und außerdem prüft, inwieweit den Schülern und Schülerinnen die Fahrkosten durch die Stadt Bonn erstattet werden können.
Für die bisher bei uns betreuten 16 SchülerInnen hatten wir durch Spenden das Schülerticket finanzieren müssen, da einige der Betroffenen über eine Verpflichtungserklärung von Verwandten in Bonn sind und sie somit kein Anrecht auf einen Bonn-Ausweis oder ein Schülerticket haben. Der Bezug eines Schülertickets hängt vom vorhandenen Schulplatz in einer regulären Schule ab.
Am 04.02.2015 erklärte eine Mitarbeiterin des Sozialamtes, dass das Amt nur 4.900 Euro für die gesamte Schulungsmaßnahme zahlen würde, und dies auch nur unter der Voraussetzung, dass die Gesamtfinanzierung 8.810 Euro wie von AsA beantragt gesichert ist. Wobei weder das Sozialamt noch das Schulamt eine Idee haben, wer die so entstehende Finanzierungslücke von 3.910 Euro schließen soll. Mit anderen Worten: Für die Gesamtfinanzierung bzw. für die Suche nach weiteren Sponsoren soll AsA zuständig sein. Wir machten die Mitarbeiterin des Sozialamtes darauf aufmerksam, dass die Sprachförderungsmaßnahme eine klar definierte staatliche Aufgabe ist und es daher auch schwierig sein wird, Sponsoren zu finden.
Bei uns entsteht der Eindruck, dass die Stadtverwaltung – insbesondere das Schulamt – eines ihrer Probleme, nämlich seit Jahren keine adäquaten Schulplätze für Flüchtlingskinder einrichten zu können, zu unserem Problem machen möchte. Eine klar definierte staatliche Aufgabe wird hier auf einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe übertragen, ohne diesen dabei finanziell ausreichend zu unterstützen.
In den vergangenen zwei Jahren haben wir die Sprachförderung für junge Flüchtlinge mit Schulpflicht bereits in Eigenregie durch private Sponsoren finanziert. Diese werden keine zusätzlichen Kosten mehr übernehmen. Als Lösung des Finanzierungsproblems schlug uns das Sozialamt vor, Ehrenamtliche aus der Freiwilligenagentur zu kontaktieren, damit die Maßnahme mit Ehrenamtlichen kostenneutral für die Stadt Bonn durchgeführt werden kann.
Für die obengenannte Sprachförderung arbeiten wir jedoch ausschließlich mit speziell in Deutsch als Fremdsprache qualifizierten Fachkräften, denn die Zielgruppe sind schulpflichtige Minderjährige mit einem Anspruch auf einen Schulplatz. Ein solches Projekt ehrenamtlich zu besetzen, würde die Kontinuität und Qualität des Unterrichts nicht gewährleisten.
Das Recht auf Bildung, das laut der UN-Kinderrechtskonvention in Art. 28 uneingeschränkte Geltung unabhängig vom Aufenthaltsstatus beansprucht, wird hier in Bonn diesen Flüchtlingskindern verwehrt.
Ihnen wird auf diese Weise ein zentraler Schlüssel zur dauerhaften Existenzsicherung vorenthalten. Die Stadt Bonn verwehrt unbegleiteten und begleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die in NRW ein Recht auf einen Schulplatz haben, zum einen den Zugang zur Bildung, ihre Teilhabe wird beschnitten, ihre soziale Inklusion erschwert und zum anderen werden ihre Zukunftsperspektiven minimiert.
Die EU-Kommissarin für Inneres, Frau Cecilia Malmström, schrieb 2012 bei der Vorstellung der Zwischenbilanz zum Europäischen Aktionsplan für minderjährige Flüchtlinge, dass die Gesellschaft danach beurteilt werde, wie sie mit ihren verwundbarsten Mitgliedern umgehe. Stelle man dabei die Frage, wie wir in unserer Gesellschaft junge Flüchtlinge behandeln, so laute die Antwort, dass dies nicht annähernd so sorgsam geschehe, wie es sein sollte,
Karin Ahrens
Vorsitzende des Vereins Ausbildung statt Abschiebung