Offener Brief gegen die Bezahlkarte

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Kurzfassung: Appell gegen die Bezahlkarte für Bezieher*innen von Asylbewerberleistungen

Die lange Fassung gibt es als PDF-Dokument hier.

Bonn, den 14.06.2024

An Frau Oberbürgermeisterin Katja Dörner, an die Mitglieder der demokratischen Fraktionen im Rat der Bundesstadt Bonn, an Frau Ministerin Josefine Paul, an die Medien,

wir appellieren dringend an Sie, die Einführung der Bezahlkarte für Bezieher*innen von Asylbewerberleistungen in Bonn abzulehnen. Andere Städte in NRW[1] haben dies bereits getan, und Bonn sollte diesem Beispiel folgen.

Die Einführung der Bezahlkarte für geflüchtete Menschen in Bonn würde zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen und bietet keine Einsparung von Geld oder Zeit. Dies wird zu Lasten anderer Dienstleistungen gehen.

Die Annahme, dass Bezahlkarten als Mittel zur Reduzierung von Pull-Faktoren für Asylsuchende dienen und somit die Anzahl der Asylsuchenden verringern können, ist vielfach widerlegt worden[2].

Es stellt sich die berechtigte Frage, wie Menschen, die bereits unter dem Existenzminimum leben, viel Geld nach Hause schaffen könnten. Die Idee, dass mit diesem Geld Schleuser finanziert werden könnten, ist falsch, da die Bezahlung vor der Flucht und lange vor dem Bezug von AsylbLG erfolgt. Das Argument des Geldtransfers von AsylbLG-Leistungen ins Ausland ist nicht empirisch belegt.

Bargeld ist immer noch das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel, insbesondere auf Märkten, Dorffesten, in Bäckereien und Cafés. Die Beschränkung des Zugangs zu Bargeld und Überweisungen erschwert nicht nur den Alltag, sondern behindert auch den Zugang zu Bildung, Rechtsschutz und anderen Lebensbereichen.

Betroffenen könnten nicht frei einkaufen und wären als Leistungsempfänger*innen erkennbar. Die damit verbundene Stigmatisierung und Ausgrenzung betreffen insbesondere Kinder und Jugendliche. Auch Geflüchtete mit Behinderungen wären stark betroffen, da wichtige Dienste nur per Überweisung bezahlt werden können, was zu gesundheitlicher Unterversorgung führen könnte.

Die Bezahlkarte verstößt gegen Internationale Menschenrechte, das Grundgesetz und das Recht auf Teilhabe gemäß der UN-Kinderrechtskonvention. Die Bezahlkarte würde die Menschenwürde und Gleichbehandlung nicht respektieren und Sozialleistungen zu einem Instrument der Kontrolle machen. Verfassungsrechtliche Bedenken sind angebracht und es bleiben Fragen zum Datenschutz ungeklärt.

Wir, die unterzeichnenden Organisationen in Bonn, fordern daher dazu auf, gegen die Einführung der Bezahlkarte zu stimmen.

 

Unterzeichnende Organisationen

(alphabetisch geordnet)

Alte VHS
Amnesty International Bezirk Bonn-Koblenz
Antifa Bonn/Rhein-Sieg
attac Bonn, AG Gfa
Ausbildung statt Abschiebung e.V.
Beueler Initiative gegen Fremdenhass
BIPOC*-Kollektiv Bonn
Bleibewerk Bonn – Kölner Flüchtlingsrat e.V.
Caritas Bonn
Deutsch-Kurdische Kulturhaus Bonn e.V.
Diakonisches Werk Bonn und Region
Ende Gelände Bonn
Feministischer Streik Bonn
Flüchtlingshilfe Bonn e.V.
Flüchtlingspolitische Webseite Weltoffen-bonn.de
GAP Bonn
Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB KV Bonn/Rhein-Sieg
Klimatreffen Bonn
Kritische Mediziner*innen Bonn
MediNetzBonn e.V.
Oscar-Romero-Haus
Sea-Eye Lokalgruppe Bonn
Seebrücke Bonn
Stopp GEAS Bündnis Bonn

[1] https://www.frnrw.de/top/nein-zur-bezahlkarte-ratsbeschluesse-aus-nordrhein-westfaelischen-kommunen.html

[2] Siehe bspw. https://www.dezim-institut.de/publikationen/publikation detail/stellungnahme-wissenschaftliche-einschaetzung-der-bezahlkarte-fuer-gefluechtete/

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