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Fatale Auswirkungen: Fehlender Bildungszugang in den Landesunterkünften

Die Leiterin von Deutsch plus!, Babette Loewen, war im Herbst vergangenen Jahres Vortragende auf dem Fachforum „Recht auf Bildung – auch in Landesunterkünften.“ Es fand in Düsseldorf statt. Besonders im Fokus standen die Rechte von geflüchteten Kindern und Jugendlichen unter den ordnungspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre“. Dazu gehört eben – auch in Bonn – die Unterbringung in Sammelunterkünften, von wo aus sie nach und nach auf andere Kommunen verteilt werden. Solange nicht klar ist, in welcher Stadt die Kinder und Jugendlichen endgültig untergebracht werden, haben sie keinen Zugang zu Bildung.

Das hat fatale Folgen, sagt Babette Loewen:
„Der fehlende Bildungszugang für Kinder und Jugendliche, die in Landesunterkünften leben, wird insgesamt zu wenig thematisiert und bleibt dann oft sehr abstrakt. Im Folgenden sollen einige konkrete Beispiele aus der Praxis anschaulich machen, was das für die einzelnen Kinder und Jugendlichen und ihre Bildungsbiografien bedeutet. Welche Chancen werden verpasst und wie viel Zeit geht für die Einzelnen verloren?

Babette Loewen

Schicksale von Jugendlichen, die AsA betreut

Abdoulaye* flüchtete als 16-jähriger aus Guinea nach Deutschland. Er wurde in einem ersten Verfahren seitens eines Jugendamtes als volljährig eingestuft und lebte bereits einige Monate in einer Landesunterkunft. Immer wieder betonte er, dass er noch nicht volljährig sei, aber er fand niemanden, der ihm Gehör schenkte. Nachdem er einige Zeit in unserem Verein Deutsch gelernt hat und uns eindeutig als noch minderjährig erschien, konnten wir eine erneute Prüfung der Minderjährigkeit durch das Jugendamt Bonn erreichen, welches ihn umgehend in Obhut nahm. Es dauert nochmals knapp zwei Monate, dann erhielt Abdoulaye einen Schulplatz. Er lernt jetzt gut. Und er lernt gerne. Denn seine Probleme begannen, als er in Guinea für eine bessere Bildung auf der Straße demonstrierte. Leider hat er in Deutschland ein weiteres Schuljahr verloren.

Elina * und ihre Familie kommen aus Albanien. Sie und ihre jüngere Schwester hatten schon einmal für zwei Jahre eine deutsche Schule besucht. Sie sprachen nahezu akzentfrei Deutsch. Dann musste die Familie nach Albanien zurückkehren. Die schwere Krankheit des Vaters und das Heimweh der beiden Mädchen nach Deutschland und den deutschen Freunden führte zu dem Entschluss, einen erneuten Versuch zu machen, in Deutschland Fuß zu fassen. Sie stellten einen Asylantrag und warteten. Durch die schwere Krankheit des Vaters und Klinikaufenthalte der Tochter zog es sich wieder über ein Jahr hin, bis die Familie zum zweiten Mal nach Albanien ausgewiesen wurde. In dieser Zeit hätte Elina ihren Schulabschluss machen können. Oder die jüngere Schwester hätte die Grundschule abschließen können. So aber waren die beiden, 10 Jahre und 15 Jahre alt, ein weiteres Jahr ohne Zugang zu Bildung – obwohl sie sehr gut Deutsch sprachen.

Boubacar*  war 8 Jahre alt, als seine Mutter mit ihm aus Guinea flüchten musste. Die Mutter hatte zuvor an der Universität studiert und konnte selber auf eine sehr gute Bildung zurückgreifen. Sie fand zum Glück nach wenigen Monaten bei unserem Verein einen kostenlosen Sprachkurs. Für ihren Sohn fand sie keine Angebote. Also unterrichtete sie ihn selbst, soweit es ihr möglich war. Schließlich konnten wir für ihn einen Kurs finden, der zweimal wöchentlich am Nachmittag stattfand. Für den ersten Kursbesuch zog er sich seine beste Kleidung an und bekam von seiner Mutter einen Collegeblock und Stifte geschenkt. Boubacar war sehr traurig, dass er nach seiner Ankunft in Deutschland 8 Monate nicht in eine Schule gehen konnte. Denn auch auf der Flucht hatte er natürlich nicht lernen können, so dass er insgesamt mehr als ein Jahr verpasst hat. Inzwischen sind die Mutter und der Sohn einer Kommune zugeteilt.
* alle Namen geändert.

Text: Babette Loewen


[1] Alle Namen sind verändert worden.


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